Optimale Dämmung der Gebäudehülle ist das Mantra der letzten Jahre. Ziegeleien fahren hier eine etwas andere Philosophie. Die prognostizierte Klimaveränderung führt zu erhöhten wärmetechnischen Anforderungen an die Bauten. Nebst der Wärmedämmung rückt die Wärmespeicherfähigkeit in den Fokus, mit entscheidendem Einfluss auf den Heizwärmebedarf und den Komfort im Sommer. Und hier kommt die moderne Variante des klassischen Backsteins zum Zug.
Der Klimawandel verändert beim Bauen die Randbedingungen, es müssen künftig extremere Wetterereignisse mit einer erhöhten Dynamik berücksichtigt werden. Die eingeleitete Energiewende setzt sich zum Ziel, Niedrigstenergiegebäude NZEB (Nearly Zero Energy Building) bezüglich der Gesamtkosten (Erstellung, Betrieb und Unterhalt) zu optimieren. Dabei gewinnt die passive Solarnutzung sehr stark an Bedeutung, sie wird durch den guten Wärmeschutz der Gebäudehülle begünstigt, insbesondere durch neue Fenstertechnologien mit sehr tiefen Wärmedurchgangskoeffizienten und einem hohen solaren Gesamtenergiedurchlassgrad. Das Gebäude entwickelt sich da mit zu einem bewohnbaren Kollektor, vorausgesetzt die Raumtemperaturen können in einem zulässigen Komfortbereich gehalten werden. Um dies erreichen zu können, ist eine hohe Wärmespeicherfähigkeit des Gebäudes erforderlich. Aus diesem Grund sind Anforderungen zu erfüllen, welche nicht alleine auf das Wärmedämmniveau des Gebäudes abzielen, sondern auch eine optimale Wärmespeicherfähigkeit des Gebäudes verlangen.
DIE BEDEUTUNG DER WÄRMESPEICHERFÄHIGKEIT
Die Wärmespeicherfähigkeit gibt an, welche Wärmemenge bei einer Temperaturanregung pro °K gespeichert werden kann. Je nach Art der Anregung werden drei Fälle betrachtet, welche unterschiedliche Speicherkennwerte aufweisen:
Bei der einmaligen Anregung tragen alle Bauteilschichten zur Wärmespeicherung bei, bei einer periodischen Anregung hingegen dringt die Temperaturwelle nur teilweise in den Bauteil ein, abhängig von der Periodendauer T. Es kann somit nicht die ganze Bauteilmasse aktiviert werden. Bei einer Tagesschwankung T = 24 Stunden liegt die Eindringtiefe bei maximal zehn Zentimetern. Bei einem Mauerwerk ist deshalb für die Bestimmung der dynamischen Wärmekapazität eine Aufteilung in Schichten mit und ohne Lochanteil angezeigt.
HEIZWÄRMEBEDARF MINIMIEREN
Damit ein Gebäude einen möglichst geringen Heizwärmebedarf aufweist, müssen die Wärmeverluste und die Wärmegewinne möglichst ausgeglichen sein. Mit einer hohen Wärmespeicherfähigkeit wird das Gebäude in die Lage versetzt, die solaren und internen Wärmegewinne optimal zu nutzen. Für Wohnbauten bedingt dies eine Wärmespeicherfähigkeit pro Energiebezugsfläche C / AE von mindestens 0.40 MJ / (m2K) im Klima Zürich beziehungsweise 0.50 MJ / (m2K) im Klima Lugano. Eine möglichst hohe Selbstversorgung des Gebäudes mit Wärmeenergie setzt zudem voraus, dass die Wärmegewinne im Gebäude über längere Zeiträume gespeichert werden können und für die Überbrückung von Schlechtwetterperioden zur Verfügung stehen.
KOMFORT IM SOMMER
Dem sommerlichen Wärmeschutz muss im Hinblick auf die globale Klimaerwärmung eine erhöhte Beachtung zugemessen werden. Gemäss Klimaprognosen wird sich die Mitteltemperatur in den Frühlings- und Sommermonaten in der Schweiz bis zum Jahr 2050 um circa drei Grad °C erhöhen. Für Zürich SMA bedeutet dies bis zu diesem Zeitpunkt das Erreichen der heutigen Temperaturverhältnisse von Lugano.
Die aktuellen Normen SIA 180 und SIA 382/1 verlangen für den sommerlichen Wärmeschutz eine wirksame, wetterfeste Sonnenschutzeinrichtung und die Möglichkeit zur effizienten Nachtlüftung des Gebäudes. Damit die Nachtlüftung eine Überwärmung am Tag verhindern kann, ist eine genügend grosse Wärmespeicherfähigkeit pro Nettogeschossfläche CR/ANGF erforderlich. Untersuchungen haben gezeigt, dass für Wohnbauten im Klima von Zürich SMA eine Wärmespeicherfähigkeit von CR/ANGF > 40 Wh/(m2K), im Klima von Lugano eine solche von CR/ANGF > 55 Wh/(m2K) erforderlich ist, damit die Anzahl Temperatur-Überschreitungen unterhalb von 100 Kelvin-Stunden gehalten werden kann.
FAZIT
Massivhäuser aus Mauerwerk ermöglichen ein klimabewusstes, energiesparendes und ökonomisches Bauen. Damit können die wärmetechnischen Anforderungen der nächsten 50 Jahre mit einem grossen Planungsspielraum erreicht werden. Bei der Weiterentwicklung der Mauerwerke liegt das Augenmerk sowohl bei der Optimierung der Wärmedämmeigenschaften als auch bei der Erhöhung der raumseitig wirksamen Wärmespeicherfähigkeit.
Quellenangabe:
Thomas Frank hat im Auftrag des Prüf- und Forschungsinstituts Sursee einen Bericht zum Thema «Energiebewusstes Bauen mit Mauerwerk» erstellt. www.pfsursee.ch
Publiziert:
Zeitschrift: Bau Rundschau, rundschau Medien AG Muttenz